5. Januar 2021

Das Tor von Basma Abdel Aziz


♥♥♥♥



Der achtunddreißigjährige Yahya hat ein Problem: In seinem Körper steckt eine Kugel, doch um sie entfernen zu lassen, braucht er eine Genehmigung. Also muss er sich am sogenannten "Tor" anstellen. Doch er ist nicht der Einzige: Eine lange Schlange von Menschen bildet sich, um Gehör zu finden. Aber niemand weiß, ob und wann das Tor öffnen wird – und für Yahya wird die Zeit knapp ...

Ein Brot kaufen, operiert werden, eine Reise antreten: In einem unbenannten Land im Nahen Osten ist all dies nur möglich, wenn man eine Genehmigung dafür bekommt. Was zunächst nach langweiliger Bürokratie aussieht, ist in Wahrheit ein ausgeklügelter Unterdrückungsapparat, um Feinde des Systems zu eliminieren. Durch Zufall gerät auch Yahya in die Reihen derer, die sich am Tor für eine Genehmigung anstellen müssen.
 
Auf diese Weise lernen wir nicht nur Yahya und seine Freunde, sondern auch andere Wartende und ihre Geschichten kennen, und können uns dadurch ein Bild machen von der Welt und Kultur vor Ort. 
Ob die Türen sich jemals öffnen, ist fraglich, aber die Menschen verharren in Hoffnung und mangels Alternativen. Die Warteschlange entwickelt eine eigene Dynamik, da werden Informationen und Meinungen ausgetauscht, stehen sich Regierungstreue und –gegnerInnen gegenüber, wird Handel getrieben und nach Wahrheiten ebenso wie nach Menschen gesucht. 

Die Erzählweise von Aziz ist leicht und ruhig, trotz der dauerhaft angespannten Atmosphäre kommt keine Hektik auf. Dafür sorgt auch die Art und Weise der Menschen, mit den ihnen in den Weg gestellten Hindernissen umzugehen. 
Zunächst hatten wir Schwierigkeiten, einige Personen auseinanderzuhalten bzw. beim nächsten Auftauchen wieder richtig zuzuordnen, da so manche Person aus der Schlange nicht namentlich, sondern nur mittels Beschreibung vorgestellt wird. Auch das Ende ist nicht unkompliziert und hat bei uns Redebedarf ausgelöst. Selbst nach einigen Monaten haben wir dieses Buch nicht vergessen und denken immer wieder einmal darüber nach.

Die Autorin des Werkes ist Ägypterin und die Parallelen zu politischen Vorfällen in ihrer Heimat sind offenkundig. Abseits von dem, was bei akuten Vorfällen in Ägypten in den Medien zu sehen ist, haben wir wenig Ahnung vom Leben und Alltag der Menschen dort. Deshalb ist  trotz seines fiktiven Charakters  "Das Tor" ein wertvoller Einblick in die Gedankenwelt und Kultur der Autorin und war ebenso faszinierend wie frustrierend. 

Unser Fazit: 4 Herzen für einen manchmal mühsamen, aber überwiegend spannenden Einblick in ein von politischen Ränkespielen gebeuteltes Land, in dem der Wandel hin zur diktatorischen Herrschaft anhand eines unbekannten und unverbrauchten Settings fesselnd bis zum Schluss dargestellt wird.

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