7. Juli 2018

Lexikon der Traumsymbole von Hanns Kurth

Lexikon der Traumsymbole

♥♥
Hanns Kurth
Lexikon der Traumsymbole
592 Seiten
Heyne

Aufzeichnungen darüber, dass Menschen träumen, gibt es schon seit Jahrhunderten. Ihre Deutung allerdings scheint komplex und schwierig - für den normalen Träumer manchmal kaum zu bewältigen. Hanns Kurth verspricht mit seinem "Lexikon der Traumsymbole" ein praktisches Handbuch, um die oft wirren Symbole unseres Unterbewusstseins zu entschlüsseln. 

Das "Lexikon der Traumsymbole" beinhaltet mehrere Abschnitte: Einen theoretischen Teil, der Träume als Jahrhunderte altes, interkulturelles Phänomen beschreibt und auf bestimmte Prozesse, Arten und Inhalte des Träumens eingeht. Einen Teil mit einem Fragebogen zur Traumanalyse und einigen Beispielanalysen anhand von ausgewählten Träumen verschiedener Kategorien. Den dritten und größten Abschnitt bilden die Traumsymbole, welche alphabetisch geordnet aufgeführt und erläutert werden. 

Wir waren sehr gespannt auf diesen "modernen Klassiker der Traumdeutung" (das verspricht das Cover). Allerdings haben wir uns schnell gefragt, wie weit der Modernitätsbegriff hier gefasst wird. Der "Erzähler" erinnerte uns an einen älteren Mann vor dem Millennium, welcher mit leicht erhobenem Zeigefinger und in dem Bewusstsein, alles über sein Gebiet zu wissen, zu uns sprach. Das liegt daran, dass das "Lexikon der Traumsymbole" bereits 1976 erschien. Der "moderne Klassiker" ist also mittlerweile schon sehr alt und das zeigt sich auch an seinem Inhalt.
Das Werk hat den Anspruch, eine allgemeingültige, für jede Zeit und Kultur zutreffende Deutung von Träumen vorzunehmen. Der Autor spricht von in allen Epochen und Kulturen wiederkehrenden Symbolen, welche immer die gleichen Bedeutungen hätten. Hierbei unterstellt Kurth, dass das Unterbewusstsein aller Menschen auf die gleiche Weise funktioniert und die gleichen Bilder immer auf die gleiche Art interpretiert werden könnten. Aus soziologischer und kultureller Perspektive halten wir dies für sehr fragwürdig.
Ordnen wir Kurths Werk in seinen historischen Kontext ein, treffen sicherlich die meisten seiner Aussagen den Puls der damaligen Zeit. Dann handelt es sich um eine Zusammenstellung der neusten Erkenntnisse der Traumforschung. Aus heutiger Sicht betrachtet, finden wir hier allerdings einige Mängel und auch sicherlich bereits widerlegte Theorien. Was wir zum Beispiel sehr seltsam fanden war, dass Sexualträume nicht interpretiert oder erklärt worden sind. Das Buch handelt diese innerhalb eines Satzes ab, bezeichnet Freud ganz nebenbei als veraltet und gibt weder Argumente noch weitere Erläuterungen.
Dennoch hat uns das "Lexikon der Traumsymbole" stellenweise tolle Einblicke in die Traumforschung geben können. Die Analyse von Beispielträumen gibt gute Anhaltspunkte für eigene Traumanalysen. Der Lexikonteil an sich ist unglaublich umfassend und bietet zu wirklich jedem Symbol Erläuterungen und Variationen. Allerdings kamen uns auch hier einige Deutungen sehr fragwürdig vor. Viele der Wörter sind veraltet, was es manchmal schwer macht, die Symbole zu finden. Hier hätten wir uns nach über 40 Jahren doch mal eine Überarbeitung gewünscht.
In der Anwendung hat uns das Lexikon bisher leider nur wenig helfen können. Bei einem von fünf Träumen empfanden wir die Deutungen als plausibel. Bei den meisten haben wir uns allerdings gefragt, ob es wirklich sinnvoll ist, jedes einzelne Symbol auszudeuten. Ist der Rasierer auf dem Badewannenrand ein ernsthaft relevantes Symbol oder im Traum nur vorhanden, weil wir ihn dort täglich im realen Leben sehen?

Das Buch zu bewerten fällt uns wirklich nicht leicht und wird vor allem durch den Abstand zwischen seiner Entstehung und der heutigen Zeit erschwert. Aus heutiger Perspektive betrachtet gab es einige Mängel, ungelöste Fragen und übergangene Probleme. Der Lexikonteil beinhaltet stark veraltete Worte und den Anspruch, in jeder Kultur und Zeit gültige Deutungen aufzuweisen, sehen wir als fehlerhaft an. Dennoch empfinden wir die Zusammenstellung des Lexikons als sehr umfassend, detailliert und leicht anwendbar, die Analyse der Beispielträume als hilfreich. Insgesamt haben wir uns dazu entschlossen, dem "Lexikon der Traumsymbole" 3 Herzen zu geben.

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