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Die Vergessenen
(eBook)
penguin Verlag
Eine Krankenschwester, die im Jahre 1944 eine neue Stelle antritt; ein Autohändler mit griechischen Wurzeln, der nebenbei "Rechercheaufgaben" der dubioseren Art erledigt und im Jahre 2013 einen Beschattungsauftrag erhält und eine Journalistin, die nach der Wahrheit sucht. Sie alle sind verbunden – und während die einen versuchen, die Geschichten ihrer Familien zu erfahren, tun andere alles dafür, dass ihre Geheimnisse niemals ans Tageslicht kommen.
Die Idee des Romans hat eine von uns sofort angesprochen. Dennoch hat es sehr lange gedauert, diese Rezension tatsächlich zu schreiben, denn das eine oder andere musste erst einmal sacken. Doch selbst ein halbes Jahr später sind die wichtigen Eckpunkte im Kopf noch präsent – das allein spricht schon einmal dafür, dass das Buch weder langweilig noch schlecht war. Der Klappentext des Buches lässt schon erahnen, in welche Richtung es gehen könnte, und diese Ahnung wird auch nicht enttäuscht.
Zu Beginn fiel es etwas schwer, alle relevanten Protagonisten einzuordnen und auseinander zu halten. Nach einigen Kapiteln war die Geschichte aber so flüssig, dass die Schwierigkeiten schnell verschwanden. Ebenfalls gewöhnungsbedürftig in den ersten Kapiteln war die typische "Krimisprache". Das bezieht sich sowohl auf den recht klassischen Handlungsaufbau als auch auf die gewählte Sprache, die unseres Empfindens nach eben "typisch Krimi" ist, (schnelles Geschehen, Ermittlung, Spannungsaufbau, Unwissenheit, Beobachterperspektive seien angemerkt, ohne dass wir es jetzt genau analysieren wollen). All das hat dazu beigetragen, dass der Einstieg in den Roman alles andere als leicht fiel. Doch die spannende Geschichte überwog gegenüber diesen Aspekten.
Wir lernen mehrere Figuren kennen: Die Krankenschwester Kathrin, die sich in einen charismatischen Arzt verliebt; die Journalistin Vera, deren einander nicht unbedingt wohlgesonnene Familie mehr als nur ein Geheimnis birgt, und Manolis, der ebenfalls mit eigenen Dämonen zu kämpfen hat. Sie alle müssen sich mit Fragen der Menschlichkeit, der Menschenwürde und der Gerechtigkeit auseinander setzen, und jede*r muss seinen eigenen Umgang mit der Vergangenheit finden. Kapitelweise folgen wir jeweils einem anderen von diesen Hauptcharakteren und erfahren so bruchstückhaft immer mehr. Stellenweise zog sich das etwas in die Länge, war überwiegend aber gut aufgebaut und nur selten zu vorhersehbar.
– Spoilerwarnung: Wer absolut gar nicht wissen will, worum es geht, sollte an dieser Stelle nicht weiterlesen, sondern direkt zum Fazit scrollen. –
Die Themen, um die es geht, werden dem einen mehr, dem anderen weniger bekannt sein. Ein Themenbereich ist die "Euthanasie" der Nazis (Ermordnung von körperlich und geistig Kranken). Obwohl uns die Fakten bekannt waren, haben wir uns mit den Details, die hier geschildert werden, vorher nur wenig beschäftigt.
Ein weiteres Thema sind Massaker der Nazis in Griechenland. Wie bei dem Buch "Unter blutrotem Himmel", welches in Italien zur Zeit des Nationalsozialismus' spielt, sehen wir hier einen weiteren Teil Europas, in dem es zu Gräueltaten kam, welche – zumindest in unserem Schulunterricht – nicht detailliert behandelt wurden und welche uns daher auch nicht wirklich bekannt waren.
Das letzte große Thema ist nicht weniger intensiv als die ersten beiden, hierbei handelt es sich nämlich um ganz grundsätzliche moralische Fragen von Recht, Unrecht und Selbstjustiz. Hier werden alle Perspektiven aufgezeigt und alle Figuren sind in ihren Denkweisen nachvollziehbar dargestellt, die Autorin diktiert also keine Meinung auf, was uns sehr gut gefallen hat.
– Spoiler beendet, jetzt kommt nur noch das Fazit: –
"Die Vergessenen" von Ellen Sandberg (übrigens das Pseudonym einer Krimiautorin) ist ein über die meiste Zeit spannend geschriebener Roman mit Krimitouch, was sich vor allem in der Sprache zeigt und was man mögen muss. Die gewählten Schwerpunkte sind aufwühlend und trotz der Fülle auf kurzem Wege umfassend erzählt. Besonders gefallen hat uns die Beschäftigung mit moralischen Fragen. Insgesamt ein gut geschriebenes Buch mit wichtigen Themen, das uns zwar nicht so sehr überraschen konnte wie erwartet, aber dennoch Eindruck hinterlassen hat. Deshalb vergeben wir 3,5 von 5 Herzen und eine Leseempfehlung, sofern keine totale Abneigung gegen Krimis/kriminahe Bücher vorliegt.
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