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Die Journalistin und Autorin Leïla Slimani beschreibt in ihrem neuen Buch das Leben islamischer Frauen in Marokko. Sie gibt ihre Gespräche mit MarokkanerInnen wieder, unterfüttert das Erzählte mit Hintergrundinformationen zu der Gesetzeslage, Reformen, Bewegungen, Recht und Unrecht in dem Land und verleiht so den islamischen Frauen eine Stimme. Es geht um die Zerrissenheit zwischen Tradition und Wandel, Freiheit und Ansehen und um die stark tabuisierte Thematik von Liebe und Sexualität.
Obwohl Marokko nicht weit weg von Europa ist, herrschen dort sehr starke kulturelle Unterschiede. Es ist ein islamisches Land voller Traditionen, die auf der einen Seite schön, auf der anderen aber auch erschreckend sein können. Es gibt gesellschaftliche Regeln und staatliche Gesetze, die wir uns, in unserer doch sehr freien westlichen Welt, kaum vorstellen können. Nicht verheiratete Paare dürfen sich auf der Straße nicht küssen, außerehelicher Sex ist verboten. Es gibt viele Tabus, die die Sexualität betreffen, vor allem für Frauen. Das eigene Leben und das Ansehen der Familie werden davon bestimmt, ob man sich diesen Regeln anpasst.
Dieser sehr komplexen Thematik widmet sich die Autorin mit viel Liebe zum Detail und einer beängstigenden Eindringlichkeit. Leïla Slimani stellt uns die unterschiedlichsten Geschichten und Perspektiven auf das Leben der islamischen Frauen vor und deckt dabei Facetten auf, die so berührend wie schockierend sind und uns mehrmals emotional getroffen haben. Es geht um Gewalt, Selbstjustiz, Ehebruch, Prostitution, aber auch um Selbstbestimmung, Liebe, sexuelle Freiheit und den Mut sich zu wehren. Sie kommentiert die Geschichten der Frauen, beschreibt die gesellschaftlichen Hintergründe und zeigt Bewegungen und Gegenbewegungen auf. Es gibt kurze Exkurse über die Entwicklung bestimmter Gesetze oder Strafverfolgungen. An einigen Stellen gab es hier für uns zu viele Namen, allerdings bildet das Buch dadurch eine sehr gute Grundlage für weitere Recherchen.
Wir waren beeindruckt davon, wie reflektiert "Sex und Lügen" mit den Zuständen in Marokko umgeht. Es schreit im Gegensatz zu anderen Büchern nicht blind nach sofortigem Wandel, ohne Rücksicht auf Traditionen und Verluste. Stattdessen werden die Ängste und Probleme der Bevölkerung fokussiert. Die Argumente beider Seiten werden aufgezeigt. Das Buch schafft es, den gesellschaftlichen Pluralismus einzufangen und mit einer großen Perspektivenvielfalt zu betrachten.
"Sex und Lügen" erhält von uns 5 von 5 Herzen. Es macht auf ein Thematik aufmerksam, die uns auf menschlicher Ebene alle etwas angehen sollte und erhält eine ganz klare Leseempfehlung. Leïla Slimani beschreibt die Situation in Marokko eindringlich, ohne aufdringlich zu sein. Sie stellt die Geschichten der Frauen vor, unterfüttert sie mit Hintergrundwissen und erklärt auf verständliche Weise, was an diesem System falsch läuft und warum. Dabei ist sie vehement und schonungslos ehrlich und genau das ist notwendig, um einen sinnvollen Wandel zu bewirken.
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