15. Dezember 2017

Fremdgehen von Lisa Elsässer


Fremdgehen 

♥♥

Lisa Elsässer
Fremdgehen
192 Seiten
Rotpunktverlag



Während Lino Gastdozent in einer unbenannten Metropole ist, lebt Julia irgendwo im Nirgendwo von Bergen umgeben, doch beide teilen eine Liebe für Literatur und als sie sich einmal für einen kurzen Augenblick begegnen, ist das der Beginn einer tiefen Verbundenheit. Sie fangen an, sich Emails zu schreiben und bald stellt sich die Frage, ob und wie eine solche Beziehung – eine Beziehung mit Mann und Kindern, mit der Arbeit und der Entfernung und mit zwei Briefeschreibenden – dauerhaft funktionieren kann.

Lisa
Elsässer hat sich mit dem Fremdgehen einem viel beschriebenen Thema gewidmet. Die Geschichte beginnt irgendwo mittendrin in einem Briefwechsel; der Leser weiß nicht, wie es dazu kam oder was hier gerade eigentlich passiert, das erfahren wir alles erst später. Doch auch das, was später an Hintergrundinformationen aufgedeckt wird, ist nicht viel. Wir wissen bis zum Ende des Buches nahezu nichts über die beiden Charaktere. Sie haben beide Partner, Julia hat eine kleine Familie und ihr Mann weiß von ihrer 'Affäre', das ist alles, was wirklich klar ist. 
Der 'Briefwechsel' selbst beginnt in einem kleinen Austausch über eine eigentlich alltägliche, nichtig wirkende Begegnung, wie das Leben halt so spielt. Die beiden tauschen Emails aus, die sie schon bald als Briefe bezeichnen, weil sie das tiefgründiger finden – auf uns wirkte das kitschig-übertrieben. Schon bald entstehen kleine und größere Spannungen zwischen den Liebenden, die wir oftmals nicht nachvollziehen konnten. Julia macht aus Kleinigkeiten Probleme und Lino weiß manchmal nicht wie ihm geschieht, das war teilweise anstrengend, weil diese Problem selbst für den Leser kaum ersichtlich sind.
Die Sprache ist gehoben und hat etwas Poetisches, was aber teilweise gezwungen wirkt. Die Handlung innerhalb der 'Briefe' wird immer wieder von  Natur- und Großstadtbeschreibungen der Liebenden unterbrochen, deren Sinn man nicht so ganz nachvollziehen kann. Sie wirken nicht wie Metaphern oder Abbilder der gegenwärtigen Situation, sondern mehr wie willkürlich gewählte Mitteilungen, um die Sprachvarietät aufzeigen zu können, über die die Autorin verfügt. Lisa Elsässer hat vorher Gedichtbände geschrieben und "Fremdgehen" ist ihr Debütroman, das merkt man hier deutlich.
Innerhalb der Geschichte gibt es kein Drama, keine ernsthaften Auseinandersetzungen. All das, was in Fremdgehgeschichten typisch ist, findet hier nicht statt. Selbst die Reaktionen des Umfelds fallen milde aus. Dieser Aspekt hat uns dann doch gestört, weil er sehr unrealistisch war und das Buch so, ohne wirkliche Spannung, vor sich hingeplätschert ist.

Alles in allem war die Handlung definitiv nicht aufregend oder spannend. Im Mittelpunkt standen vor allem der Briefwechsel, die Gefühle und die poetischen Beschreibungen. Dieses Buch lebt allein von seiner sprachlichen Gestaltung und lässt vieles andere außen vor – leider. Alles wirkte etwas willkürlich, zu vieles wurde offen gelassen oder war verwirrend. Aus diesen Gründen geben wir "Fremdgehen" nur 2 Herzen, es konnte uns nicht überzeugen und die poetische Gestaltung wirkte zu gezwungen für diesen Roman.


Wenn ihr einen wirklich berührenden Email-Roman lesen wollt, dann guckt doch mal in "Gut gegen Nordwind" rein.

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